Foto: Petrus Klang

20. Dezember

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„Zwangs-Fusion! Leipziger Thomaskirche schaltet Anwalt ein“ titelte die Bildzeitung im Oktober 2021. Und auch der FAZ war der Vorgang eine Meldung wert: „In Leipzig eskaliert der Streit um den Zusammenschluss zweier berühmter, aber höchst unterschiedlicher Kirchengemeinden“.

Während die Zusammenlegung von Kirchengemeinden heute vielerorts allerhöchstens mit einem Schulterzucken zur Kenntnis genommen wird, lösten die Pläne für die Zusammenlegung der Leipziger Kirchen Proteststürme aus, die es sogar in die nationale Presse schafften. Seit der Stadtgründung im Jahr 1165 war das religiöse Leben in der Stadt Leipzig von zwei Kirchen dominiert, die immer wieder um die Vorherrschaft rangen – ein Konflikt, der auch zu Bachs Zeiten schwelte.

Die 1212 gegründete Thomasschule und damit der zugehörige Thomanerchor, den Bach als Thomaskantor leitete, war mit der Reformation in die Verantwortung der Stadt Leipzig übergangen. Diese versuchte sicherzustellen, dass sowohl Schule als auch Chor beiden Kirchen der Stadt gleich gut dienten. In der Folge hatte Bach die Verantwortung mit seinen regelmäßigen Kantatenaufführungen nicht nur die Thomaskirche zu bespielen. Es wurde eine Wechselfolge festgelegt, mit der beide Gemeinden abwechselnd in den Genuss von Bachs Musik kamen. Nur – an hohen Feiertagen wie Weihnachten, an denen auch im Barock die Kirchen besser besucht waren als an einem regulären Sonntag, konnte schließlich nicht eine Gemeinde leer ausgehen. Es wurde also die Vormittagsaufführung in der einen Kirche am Nachmittag in der jeweils anderen wiederholt. Auf diese Weise hat Bach den Großteil der sechs Kantaten des Weihnachtsoratoriums doppelt aufgeführt und diese Wechselfolge sogar im Original-Textdruck festgehalten. Jede Kantate ist damit überschrieben, in welcher Kirche sie „Frühe“ und in welcher sie „Nachmittage“ aufgeführt werden sollte. Ganz durchgehalten wurde das strenge Wechselschema jedoch nicht. Während die Besucher der Thomaskirche nur in den Genuss von vier Kantatenaufführungen kamen, wurden in der größeren Kirche alle sechs Teile aufgeführt.

Wie heißt die zweite Kirche, mit der heute neben Bach auch noch die Montagsdemonstrationen in der DDR assoziiert werden?

Wir suchen den zweiten Buchstaben.